gestern war wieder mal einer dieser tage, an denen die gute musik fast schon im minutentakt veröffentlicht wird – keine ahnung obs am langen wochenende oder frühlingsgefühlen liegt, auf jeden fall kam man kaum nach mit dem anhören und einkaufen bzw. auf-die-wunschliste-setzen. nachstehend eine kleine auswahl meiner favoriten:
aïsha devi – dna feelings [hth024]
nach ihrem letztjährigen debut lehnt sich die schweizerin mit tibetisch-nepalesischen wurzeln hier noch weiter aus dem rave-fenster und hält in lässiger konzentration die kippelige balance zwischen dekonstruktion und struktur, zwischen hörbarkeit und überwältigung, auflösung und reduktion. grossartige musik mit spiritueller tiefe, kaum fassbar und trotzdem voller körprlichkeit.
ivy lab – death don’t always taste good [2020ldn012]
ivy lab haben sich nach gut drei jahren zu einem zweiten longplayer durchgerungen und präsentieren das, was sie am besten können, in cineastischer breite: dreckige hiphop beats, deepe halfstep tunes und ungemütlich-futuristische stimmungen.
various artists – future sound of leipzig [dicc001]
leipzig hat sich in den letzten jahren seinen platz auf der landkarte der elektronischen bassmusik wacker erkämpft, und diese compilation von defrostatica records belegt dies mit einer überaus gelungenen und qualitätshaltigen auswahl von 17 tracks, oszillierend zwischen drum’n’bass, halfstep, footwork und jungle.
zero t & unitsouled – baby grand ep [nq006]
drum’n’bass-veteran zero t präsentiert mit dem multi-instrumentalistenduo unitsoule eine soultriefende sammlung von perfekt produzierten stücken aus dem ganzen spektrum der londoner beatschmiedekunst: hiphop, broken beat, soul und natürlich drum’n’bass.
p jam – introspective [hardrive]
der junge londoner produziert sich auf seinem ersten longplayer mit einem unglaublichen selbstbewusstsein und einfallsreichtum quer durch grime, jungle, uk funky, techno und die ganze bandbreite fetter bässe.
am 19. juni kommt auf gqom-oh! ein neuer longplayer heraus, diesmal von der tlc fam aus durbans newlands west. die familie begann als tanzcrew, besteht unterdessen jedoch auch aus produzenten, mcs, taxifahrern und promotern. sie hat sich den gqom-style mit ein paar subtilen kniffs („taxi-kick„) ganz zu eigen gemacht und verbindet ihn mit der zulu-kultur, in der sie fest verwurzelt ist.
bis die platte im juni erscheint, gibts schon mal einen bonustrack auf bandcamp zum anhören und sich den mund wässrig machen lassen.
ital dred ist ja hier keine unbekannte, und obwohl in letzter zeit nicht so beachtet, ist das label noch immer hyperaktiv und spuckt in gefühltem minutentakt einzel- und netreleases in die umwelt. die qualitätskontrolle ist hierbei natürlich nicht immer gewährleistet, und so sind die unregelmässig erscheinenden compilations immer eine gute möglichkeit, sich einen kuratierten überblick über diesen schwall von footwork, jungle, futuregarage, instrumental grime und hiphop-beats zu verschaffen. die nächste dieser zusammenstellungen heisst ‚stem‚ und erscheint am 30. april, bereits heute sind jedoch 35 der geplant 56 tracks auf soundcloud zu hören.
endlich, endlich ist es soweit: das beste netlabel überhaupt hat einen neuen release veröffentlicht! nun, ist der superlativ vielleicht auch persönlicher freundschaft geschuldet, an einem gibt es nichts zu rütteln: nach zwei jahren funkstille gibt es wieder musik, und – soviel darf man schon jetzt verraten – das warten hat sich absolut gelohnt. denn lalamusik zeigt auch diesmal wieder in aller pracht, dass sie unter den unzähligen gratis releasenden webkollektiven nicht umsonst eine herausragende position einnehmen: ein gnadenlos konsequent durchgezogenes konzept, das von der auswahl der einzelnen künstler über die individuellen pseudonyme und liebevoll-schrullig verfassten lebensläufe bis hin zu einer starken grafischen linie alles vereint, was eine eigentliche kuration ausmacht, kombiniert mit radikaler musikalischer freiheit und grosser persönlicher leidenschaft hat dazu geführt, dass das label auf nun sieben hochkarätige und eigenständige releases in albumlänge zurückblicken kann. jeder einzelne davon übertrifft in qualität und gehalt den durchschnitt des netlabelausstosses um längen. es versteht sich von selbst, dass diese qualität bei aller leidenschaft auch zeit und geduld in anspruch nimmt, und so kann zwischen zwei veröffentlichungen gerne mal ein jahr oder mehr verstreichen. seis drum, das warten ist vorbei, indira chang sei dank!
der düster knatternde, bassgeladene einstieg in ‚urban fakelore‘ macht klar: es gilt wieder ernst! war lala006 noch eine in allen farben funkelnde pop-perle und der humor allgegenwärtig, wird hier in nicht mal zwei minuten mit ernüchternder effizienz eine dystopisch-halbdunkle grundstimmung erzeugt. gleich darauf jedoch ein erster sonnenschein durch die radioaktiv drückende wolkendecke: das intro von ‚taumel‘ besteht aus matt glitzerndem glockenspiel, hoffenden streichern und der leicht belegten stimme laliers. heller wirds jedoch nicht, und in der u-bahn der stadt, melancholie und einsamkeit besingend, lässt sie sich von einem schleppenden beat und voluminösen bass begleiten. manchmal wirds dunkler, manchmal kommt man wieder an die oberfläche: der refrain ist selbstbewusst und trotzdem traurig, die weiche melodie vorsichtige zuversicht verströmend. dies ist sicher der zugänglichste track des albums, nur schon durch die mitwirkung laliers – umso mehr erstaunt es, dass jetzt ‚george and the sausage‘ ein video erhalten hat: der track erinnert in seiner dunklen, dubbig verhallten bedrohlichkeit stark an die new yorker illbient-experimente der späten neunziger. wenn in der zweiten hälfte dann eine orgel eine einfache melodie anfängt zu spielen, wirkt das erst trügerisch einfach und belanglos, wird dann aber mit zunehmender intensität und mehrstimmigkeit zum leuchtenden wegweiser durch die düsternis. das video bricht diese stimmung mit stark kontrastierten schwarzweissaufnahmen aus dem nordafrikanischen raum, die in psychedelisch anmutende vor- und rückwärtsschlafen geschnitten wurden.
und ja, es bleibt grösstenteils düster, auch wenn es fast in jedem track ein element gibt, das ein musikalisches gegengewicht bilden kann: in ‚douche‘ ist es der überraschend leicht wirkende, unbekümmert vorwärtsschreitende housebeat, der dem knurrenden bass an die leine legt und sich von den fiesen horroreffekten nicht beeindrucken lässt, beim langsam kriechenden ‚whistling past the haze‘ sind es wieder glockenspiel und violinen, die licht und wärme in die verhallten katakomben des schlechtgelaunt lauernden bass- und beatmonsters bringen. nach dem athmosphärisch wobbelnden jazz der ‚interlude‘ gehts dann überraschend rockig und analog klingend zur zur sache, treibende drums und verzerrter bass, gitarre (?) im solomodus und kreischende effekte sorgen für adrenalin und zuckende beine, bevor ’slumber‘ das tempo wieder reduziert und die synths zwar immer noch lärmen und zischen, aber schon deutlich müde klingen. der bass hingegen bleibt gefährlich und bringt den boden auch hier bedrohlich zum wanken.
was für ein abschluss und gegensatz dazu ‚the dictorator‘! ausschnitte aus charlie chaplins wundervoller, immer zeitgemässen schlussrede in ‚the great dictator‚ werden von agilen, agressiven drum’n’bass-beats umtanzt, die nur kurz von sphärischen pianostabs zum atemholen unterbrochen werden. das drumfeuerwerk setzt einen furiosen schlusspunkt unter ein album, das es in seinem tempo zwar nicht repräsentiert, hingegen auf unerwartete weise perfekt abrundet.
grad das neue zweikommasieben-mag aus der analogen mailbox gezogen und schon voller vorfreude auf das broshuda-portrait und die basslines-kolumne, ganz zu schweigen vom ekman-interview.
der release der nummer 14 wird gleich zweimal gefeiert: das erste mal am donnerstag, 08.12. im tresor luzern, das zweite mal am samstag, 10.12. in der raum station zürich.
heute ist es soweit: nach fünf eps, zahllosen live- und dj-auftritten und diversen remixes steht dave eleanors debutalbum zum verkauf. für langjährige fans und geduldige beobachter seiner musikalischen karriere ist dies der vorläufige höhepunkt einer entwicklung, die fast schon beispielhaft und auf eine stetige weise organisch vonstatten ging.
hört man sich seine eps in chronologischer reihenfolge an, ist es schwierig, die langsame evolution von eher dancefloorbasierten tracks zu immer komplexeren popsongstrukturen nicht wahrzunehmen. auch der vermehrte einsatz von gesangsstimmen, die immer intimer, wärmer und runder anmutenden sounds und texturen sind charakteristika, die wahrnehmbar geduldig und liebevoll über jahre erschaffen und gepflegt wurden. insofern stellt der ‚bass pop‘, wie er seine musik nun auf diesem album nennt, das stolze und vorerst abschliessende ergebnis einer überaus hingebungsvollen und nachhaltigen arbeit am eigenen sound dar. songs wie das maxinquayeske ‚i say goodbye‘ mit blanka und len sander oder das melancholische ‚heading back west‘ geben zeugnis, mit welcher sicherheit und leichtigkeit eleanor seine langen lehrjahre mit raffinierten sounds und butterweichen beats in verhalten funkelde popjuwelen destillieren kann.
leider – auch das muss gesagt werden – sind dieser entwicklung hin zu einem eigenen und wiedererkennbaren sound auch immer mehr elemente zum opfer gefallen, die gerade die ersten beiden eps so spannend und aufregend aus der schweizer musiklandschaft ragen liessen. das spielerische, manchmal auch rauhe und überraschende der oft tanzbaren, von dubstep und bass music beeinflussten beatkonstruktionen wurde stark zurückgebunden und gezähmt, was unter anderem sicher auch dem gewünschten, abgerundeten klangbild eines longplayers geschuldet ist. tracks wie das düster brodelnde ‚black cracks‘ mit dem fantastischen raspie tönen jedoch an, wo in dieser richtung das potential liegen könnte, und die hoffnung bleibt intakt, dass dave eleanor dieser seite seiner musik auf hoffentlich bald folgenden weiteren singles und eps wieder mehr raum zur entfaltung lässt.
zuvor steht jedoch das präsentieren dieser musik im livekontext im vordergrund, und eleanor lässt es sich nicht nehmen, dies gleich mit einer grossen europatournee in angriff zu nehmen. die daten dazu findet man hier.
Vinyl 12″ / Digital Written and produced by Niagara; Mastered by Tó Pinheiro da Silva, Artwork by Márcio Matos; Released October, 2016; VINYL/DIGITAL: Order from us A1 – Asa A2 – IV B1 – Amarelo B2 – Laranja PRESS RELEASE Niagara started 2016 firmly committed to their own Ascender label, having released a first 12″ late […]
Vinyl 12″ / Digital Written and produced by DJ Nervoso; Mastered by Tó Pinheiro da Silva, Artwork by Márcio Matos; Released October, 2016; VINYL/DIGITAL: Order from us A1 – Vuto A2 – Ah Ah A3 – Avacs B1 – 27aca B2 – Djj B3 – KUIA PRESS RELEASE We can’t stress enough the importance of finally […]
hach, der gute omar-s! macht zwei tracks in seinem hinterhof und findet, resident advisor solle die doch zum download anbieten – was diese nun auch machen. abgemischt wurde von norm talley und dem künstler selbst, beide tracks sind so richtig geile, hypnotische housekracher, wie man sie nur von omar-s kennt.
marcel gschwend alias bit-tuner ist ein vielbeschäftigter mann und experimenten nicht abgeneigt. von einmaligen, improvisierten live-vertonungen animierter gifs am fantoche und gefühlt zehnjährigen residentverpflichtungen im helsinki (immer am letzten dienstag des monats) über sein engagement als bassist bei stahlberger bis hin zu athmosphärischen, drones, beats und field recordings verwebendentouralben und auftritten reicht die spannweite seiner musikalischen tätigkeit in den letzten jahren. dass dabei stupende beherrschung seines equipments und ein ausserordentlich breites soundspektrum zu einem ganz eigenen, von mächtigen beats und dreckigen bässen geprägten sound fusioniert haben, ist ein erfreuliches ergebnis.
-ous dagegen ist ein neues label, in aller stille ausgebrütet von den hula honeys und nun geschlüpft, um sich im spannungsfeld elektronischer musik und avant-garde-pop einen platz zu erkämpfen. bit-tuner, der schon auf dem ersten hula-release vertreten war, lanciert mit seinem unterdessen fünften studioalbum hiermit den start. geplant sind weitere veröffentlichungen von iokoi und feldermelder – auch von ihnen sind auf hula honeysschöneplatten links und rechts des dancefloors erschienen.
mit ‚a bit of light‘ kehrt bit-tuner jedoch in das zentrum des tanzbodens zurück, den er seit der ‚brutal funk‚ ep 2013 auf luana eigentlich nur noch live bespielt hat. um so mehr wird die energie und der spass hörbar, der bei der produktion dieser platte freigesetzt wurde und fast sofort auf den zuhörer überspringt. ist das intro noch eine majestätisch-erwartungsfrohe synthhymne, so folgen gleich darauf knochentrockene beats im hiphop-tempo. und beats bleiben es: in der ersten hälfte noch mit angezogener handbremse, aber brodelnder, düster flackernder energie: dubstep hallt nach, aber auch boom-bap-beats und düstere formen aktueller bassmusic. mit ‚twin crystal‘ wird die bandbreite des albums jedoch das erste mal erahnbar: in ein harmlos glitzernden intro drückt sich ein wummernder hooverbass im gleichschritt mit einem gnadenlosen drückenden 4/4-beat und bahnt sich seinen kompromisslosen weg.
auch danach gibt es wieder ruhigere momente, die stimmung heizt sich jedoch ab ‚in the small hours‘ spürbar auf und findet mit ‚wirewalker‘, ‚low church‘ und vor allem ‚megalith‘ zu gefährlich explosiven höhepunkten. hier wird klar, was mit ‚a bit of light‘ angedeutet wird: eine wahrhaft düstere und latent gewaltbereite grundstimmung wird immer wieder von gleissend hellen synthstrahlen und kleinen melodielichtern ergänzt und aufgehellt, jedoch nie ausgeblendet. denn: wo nur ein ‚bit of light‘ existiert, ist die dunkelheit noch immer vorherrschend.
bit-tuner beweist mit diesem werk, dass er die tanzbaren formen der elektronischen musik noch immer ziemlich locker auf dem ärmel schütteln und dabei eine menge spass haben und auch verbreiten kann. nachprüfen kann man dies ab dem heutigen tag, indem man sich das werk am besten gleich kauft, z.b. auf bandcamp. möchte man noch ein bier dazu und den künstler live erleben, dann empfiehlt sich der release-apéro im basler plattfon am 09.12..